Der demographische Wandel:
Welche Auswirkungen hat die Demographie auf den deutschen Arbeitsmarkt?
Der demographische Wandel stellt Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland derzeit vor große Herausforderungen. Doch was bedeutet das eigentlich und wie setzen sich die Zahlen der Demographie überhaupt zusammen? Für eine Analyse der demographischen Entwicklung werden insbesondere das Alter der Bevölkerung, die Geburtenrate sowie die Lebenserwartung als messbare Daten herangezogen. In Deutschland zeigt sich der Wandel der Demographie insbesondere durch ein steigendes Durchschnittsalter der Bevölkerung und einer parallel stagnierenden Geburtenrate. Das Problem für die Wirtschaft: die demographischen Faktoren wirken sich unmittelbar auf den Arbeitsmarkt aus. In diesem Blog-Artikel geben wir einen Überblick über aktuelle Daten und Fakten zum demographischen Wandel und die damit verbundenen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt.
Der demographische Wandel in Deutschland – Ein Überblick
Zunächst einige Daten und Fakten: Statistische Messungen belegen eine maßgebliche Veränderung beim Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. So lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2023 bei 44,6 Jahren (1), während der Anteil der deutschen Bevölkerung über 65 Jahren im selben Jahr 22,3 Prozent betrug (2). Zum Vergleich: Im Jahr 1990 lag das Durchschnittsalter noch bei 39,5 Jahren. Darüber hinaus bewegt sich die allgemeine Fertilitätsrate (Geburtenrate) in Deutschland im Jahr 2023 bei einem Wert von 1,35 (3). Das bedeutet: Die deutsche Bevölkerung wird zunehmend älter und bekommt gleichzeitig weniger Kinder. Ohne äußere Zuwächse – z.B. durch Zuwanderung – würde die Bevölkerung in Deutschland aufgrund der Geburtenrate von unter 2 kontinuierlich schrumpfen. Die parallel steigende Lebenserwartung und die gesunkene Sterberate haben zusätzlich Einfluss auf die Überalterung der deutschen Gesellschaft. Die Konsequenz: eine Verringerung der Erwerbsbevölkerung und ein Anstieg von älteren Bevölkerungsschichten in der Arbeitswelt.
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt & Herausforderungen für Unternehmen
Deutschland ist mit diesem Problem zwar nicht allein: Denn im internationalen Vergleich zeichnen sich etwa in Italien oder Japan ähnliche Bevölkerungsentwicklungen mit den dazugehörigen Herausforderungen ab, während die Bevölkerungen in Ländern wie Frankreich, Schweden oder in den USA im Vergleich dazu deutlich jünger sind (4) (5). Diese demographischen Trends haben direkte Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt und stellen Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen. Ganz entscheidend ist dabei, dass der demographische Wandel einen nachweisbaren Fachkräftemangel zur Folge hat. Einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge könnte sich der Mangel bis zum Jahr 2030 auf drei Millionen Fachkräfte in Deutschland belaufen (6). Das Resultat: ein deutlich verringertes Erwerbspersonenpotenzial in der deutschen Wirtschaft. Der Fachkräftemangel in Deutschland schlägt sich laut den Prognosen dabei insbesondere auf die Technologiebranche, das Gesundheitswesen sowie das Handwerk und das Bauwesen aus. Durch die veränderte Bevölkerungsstruktur in der Gesellschaft wird der Anteil an älteren Mitarbeiter:innen dabei immer höher, während der Anteil jüngerer Mitarbeiter:innen kontinuierlich abnimmt und die Rekrutierung junger Mitarbeiter:innen gleichzeitig immer schwieriger wird. Deshalb müssen Unternehmen mit Arbeitsbedingungen und Arbeitsmodellen entgegenwirken, die diese Entwicklung berücksichtigen, um dem Fachkräftemangel und den wirtschaftlichen Folgen von unbesetzten Stellen entgegenwirken. Die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten, Remote-Arbeit oder wertschätzender Altersteilzeit können einen ersten Schritt bei der Anpassung an den demografischen Wandel darstellen. Zusätzlich sollten Unternehmen geeignete Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme insbesondere für die ältere Belegschaft implementieren.
Die Chancen des demographischen Wandels
Doch der demographische Wandel stellt Unternehmen nicht nur vor Herausforderungen, sondern bietet auch einige Chancen. So birgt eine altersdiverse Belegschaft etwa die Möglichkeit eines wertvollen Wissenstransfers zwischen älteren und jüngeren Kolleg:innen. Hierbei können die nachfolgende Generationen von der Erfahrung der bestehenden Belegschaft profitieren. Deshalb ist es wichtig, nachhaltige Strategien zu implementieren, mit deren Hilfe die ältere Belegschaft weiterhin im Unternehmen integriert und motiviert werden kann. Darüber hinaus können Unternehmen dem demographischen Wandel mit der Unterstützung staatlicher Förderprogramme und Initiativen aktiv begegnen. So lassen sich etwa finanzielle Anreize oder Angebote zur Kinderbetreuung für Mitarbeiter:innen mit Familie schaffen, um dem Trend einer rückläufigen Geburtenrate entgegenzuwirken. Für ältere Mitarbeiter:innen besteht zudem die Möglichkeit Anreize für einen längeren Verbleib im Unternehmen zu bieten, wie z.B. höhere Rentenansprüche oder die Chance auf einen flexiblen Renteneintritt. Diese und ähnliche Maßnahmen unterstützen die allgemeine Erwerbsbeteiligung und tragen zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Arbeitsmarktes bei.
Best Practices & Fallbeispiele
Einige große Unternehmen wie Siemens und BMW entwickeln bereits seit einigen Jahren Strategien, Maßnahmen und innovative Projekte, um sich dem demographischen Wandel aktiv entgegenzustellen und eine stabile Arbeitskräftebasis zu schaffen. So fokussiert sich Siemens in der Unternehmensführung auf den zentralen Aspekt des lebenslangen Lernens und hat in diesem Kontext den Siemens Learning Campus eingerichtet. Der Campus integriert entsprechende Schulungen und Weiterbildungsprogramme etwa zu technologischen Erneuerungen und spezifischen Fähigkeiten für Mitarbeiter:innen aller Altersgruppen, die miteinander und voneinander lernen. BMW setzt hingegen auf ein intergeneratives Konzept und integriert durch das Programm Today for Tomorrow die Expertise der älteren Belegschaft für die jüngeren Mitarbeiter:innen in Form von Mentoring-Angeboten, wodurch der Wissenstransfer unter den diversen Altersschichten gefördert wird.
Fazit
Der demographische Wandel hat unmittelbare Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt und stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Doch die Bevölkerungsentwicklung bietet auch Chancen und Potenziale, sofern Unternehmen dem demographischen Wandel aktiv begegnen und dabei Maßnahmen, Strategien und innovative Projekte fördern, die eine stabile Arbeitskräftebasis sicherstellen. Hier empfiehlt sich zunächst das Potenzial einer altersdiversen Belegschaft auszuschöpfen und deren Erfahrungswerte und Motivation optimal zu integrieren. Darüber hinaus können auch staatliche oder unternehmensinterne Programme genutzt werden, die auf die verschiedenen Personengruppen und ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, um etwa der rückläufigen Geburtenrate oder einer erhöhten Erwerbsbeteiligung zu begegnen. Unternehmen sollten dem demographischen Wandel also strategisch und proaktiv entgegentreten und können sich beispielsweise an den oben aufgeführten Best Practices und Benchmarks anderer Unternehmen orientieren. Ein Blick in die Zukunft verrät: Der demographische Wandel stellt auch künftig ein großes Risiko für den Arbeitsmarkt und die deutsche Wirtschaft dar. Daher gilt es, bereits jetzt in langfristige Konzepte zu investieren, um eine nachhaltige und stabile Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren.
Quellen:
(1) Statistisches Bundesamt (2024): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1084430/umfrage/durchschnittsalter-der-bevoelkerung-in-deutschland/
(2) Statistisches Bundesamt (2024): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/548267/umfrage/anteil-der-bevoelkerung-ab-65-jahren-und-aelter-in-deutschland/
(3) Statistisches Bundesamt (2024): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36672/umfrage/anzahl-der-kinder-je-frau-in-deutschland/
(4) Statistisches Bundesamt (2024): https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/_Grafik/_Interaktiv/geburten-geburtenziffer-eu-vergleich.html
(5) World Bank Group (2024): https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.TFRT.IN?skipRedirection=true&view=map
(6) Institut für Wirtschaft (2024): Fachkräftemangel. Online verfügbar: https://www.iwd.de/dossiers/fachkraeftemangel/