Frauen in der Tech-Branche
Die europäische Wirtschaft zeigt einen eindeutigen Mangel an Frauen in der Tech-Branche auf. Dies beginnt bereits damit, dass sich nur wenige Studentinnen für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) an der Universität entscheiden. Die Diversität in Technologieunternehmen scheint nur schleppend voranzugehen. Dieser Beitrag stellt drei Frauen vor, die alle Hürden in der männerdominierten Branche ignoriert und in der Tech-Branche Fuß gefasst haben.
Sabine Bendiek (*1966) – Chief People & Operating Officer bei SAP
Sabine Bendiek wurde 1966 in Kiel geboren. Sie absolvierte den Masterstudiengang Managementwissenschaften am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und studierte außerdem Betriebswirtschaft an der Berufsakademie Mannheim mit einem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin. 2016 hat Bendiek als erste Frau die Geschäftsführung von Microsoft Deutschland übernommen. Seit 2021 ist Bendiek Chief People & Operating Officer beim Softwarekonzern SAP, außerdem sitzt sie seitdem auch im Vorstand des Konzerns. In ihrer Stellung kümmert sie sich als oberste Managerin um das operative Geschäft sowie die wichtigsten Aufgaben rund um das Personalmanagement. Bendiek hat seit über 20 Jahren Erfahrung in Führungspositionen in bedeutenden Unternehmen: Sie war bereits bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig sowie beim Technologie-Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton, dem Computer-Hersteller Dell und dem IT-Unternehmen EMC – allesamt US-amerikanische Unternehmen.
Bendiek setzt sich zudem unermüdlich dafür ein, dass mehr Frauen in Tech-Berufen ihre Fähigkeiten entwickeln können. Mit ihrem Wunsch und ihren Aktivitäten zum Thema Gleichbehandlung von Frauen in Tech-Berufen gilt sie als Role Model auf diesem Gebiet. Bendiek ist davon überzeugt, dass ein erhöhter Frauenanteil für den Erfolg und das Wachstum eines Unternehmens sehr wichtig ist und dadurch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann. Selbstvertrauen und Hartnäckigkeit seien hierbei von besonderer Bedeutung, um sich als Frau durchzusetzen.
Grazia Vittadini (*1970) – Technologie-Chefin bei Rolls-Royce
Grazia Vittadini, die 1970 in Mailand geboren wurde, studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Mailänder Universität Polytechnikum. Bereits in Kindheitstagen interessierte sie sich für das Bauen von Modellflugzeugen und das Schrauben an Motorrädern. Zu dieser Zeit war es ihr Traum Kampfjet-Fliegerin zu werden, doch bei der italienischen Luftwaffe erhielt sie eine Absage. Ihre Entscheidung: „Ich baue die Flugzeuge einfach selbst, wenn ich sie schon nicht fliegen darf.“ 2018 wurde sie die erste Frau im Vorstand des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus, verantwortlich für die technische Entwicklung – ein Novum in der Geschichte des im Jahr 2000 gegründeten Konzerns. Ihre Karriere bei Airbus begann bereits 2002 in Hamburg: Sie engagierte sich als Ingenieurin bei der Entwicklung der Eurofighter-Kampfjets und auch beim Bau von großen Zivilflugzeugen wie dem A380. Vittadini wechselte anschließend in das Airbus-Management und stieg von der Teamleiterin zur Stellvertreterin von Airbus-Rüstungschef Dirk Hoke auf. Seit 2021 arbeitet Vittadini als Technologie-Chefin beim britischen Automobilhersteller Rolls-Royce.
Bereits bei Airbus hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, das Unternehmen vielfältiger zu gestalten – weg von einer ‚weißen‘ und männlichen Elite und hin zu einer neuen, diverseren Personal- und Denkstruktur. Heute unterstützt Vittadini Initiativen, die Frauen bei einer Karriere in der Tech-Branche und beim Studium von MINT-Fächern empowern.
Katherine G. Johnson (1918-2020) – NASA-Mathematikerin & Raumfahrt-Pionierin
Mit der nächsten weiblichen Persönlichkeit gehen wir in der Geschichte einen kleinen Schritt zurück: Die Afroamerikanerin Katherine G. Johnson wurde 1918 in West Virginia (USA) als Tochter eines Farmers und einer Lehrerin geboren. Sie übersprang mehrere Klassen an der Schule und interessierte sich schon in jungen Jahren für Zahlen. Mit gerade mal 14 Jahren bekam sie ein Stipendium für Mathematik am College von West Virginia. Im Alter von 18 Jahren hatte sie das Studium mit Auszeichnung abgeschlossen und arbeitete anschließend zunächst als Lehrerin. Erst nach der Gründung einer Familie mit drei Kindern nahm sie 1953 eine Stelle als Mathematikerin in der Flight Research Division des Langley Research Center an. Von nun an stellte sie Berechnungen für die NASA an und wertete Flugdaten aus. Johnson war eine der ersten Frauen, die offiziell in einem NASA-Bericht als wissenschaftliche Autorinnen genannt wurden. Weiterhin stellte sie 1961 die Berechnungen an, die dem ersten US-amerikanischen Raumflug von Alan Shepard zugrunde lagen. 1962 bat der Astronaut John Glenn die Mathematikerin Johnson um eine manuelle Kontrolle einer Computerberechnung, der Glenn nicht mehr vertraute. So leistete Johnson auch einen Beitrag zur ersten Erdumrundung eines US-amerikanischen Astronauten. Zudem berechnete sie die Umlaufbahn für die Apollo 11-Raumfahrtmission und machte damit 1969 die erste Mondlandung möglich. Im Jahr 2015 bekam sie für ihre Lebensleistung von Barack Obama die Freiheits-Medaille des US-Präsidenten, die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten verliehen.
Johnson setzte sich in einer männerdominierten Arbeitswelt und in einer Gesellschaft durch, in der Rassismus und Rassentrennung noch tief verankert waren – und bis heute noch immer verankert sind. Als herausragende Mathematikerin zählt Johnson zu den renommiertesten NASA-Wissenschaftlerinnen mit afroamerikanischen Wurzeln – und wurde so ein Vorbild für viele Frauen.
Fazit
Aufgrund des Fachkräftemangels können offene Stelle in der Tech-Branche in Zukunft nicht mehr nur allein durch männliche Fachkräfte gedeckt werden. Das ist kein Problem, sondern eine große Chance: Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company (2023) würde die Erhöhung des Frauenanteils in der europäischen Tech-Branche zu einem wachsenden Markt und einer höheren Wirtschaftsleistung führen. Um dies zu erreichen, muss noch viel getan werden: Dazu zählen bspw. das Aufbrechen von Gender-Stereotypen, die gezielte Ansprache in Stellenausschreibungen, die Unterstützung von Frauen in einer frühen Karrierephase, die Schaffung von Networkingmöglichkeiten und eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf.
Gerne beraten wir Sie, wie Sie Frauen in Ihrem Unternehmen konkret fördern können. Die Expert:innen von D² – Denkfabrik Diversität stehen Ihnen gerne persönlich oder per E-Mail zur Verfügung.