Neue Publikation von D²: Handbuch Demokratische Republik Kongo
Über 100 Millionen Einwohner:innen, mehr als 250 Sprachen, enorme Vorkommen an Seltenen Erden, eine bewegte Geschichte und eine gewaltvolle Gegenwart – die Demokratische Republik Kongo ist ein wahres Schwergewicht in Subsahara-Afrika. Vor dem Hintergrund von globaler Migration, Fachkräftemangel, Klimawandel und neuen Technologien verdient das Land am Äquator eine besondere Betrachtung. D² – Denkfabrik Diversität hat sich der Demokratischen Republik Kongo jetzt in einem neuen Buch gewidmet, das 2024 im Berlin Verlag Frank & Timme erschienen ist.
Das Handbuch Demokratische Republik Kongo – Geschichte, Gesellschaft, Politik, Kultur ist das erste moderne Überblickswerk in deutscher Sprache, das die vielen Facetten der DR Kongo wissenschaftlich betrachtet und verständlich vermittelt. Insgesamt 36 Beiträge liefern dabei ein umfassendes Bild des Landes u.a. in den Themenfeldern Geographie, Demographie, Geschichte, Kriege und Konflikte seit den 1990er Jahren, dem politischen System, Institutionen, Infrastruktur, Zivilgesellschaft und Außenbeziehungen sowie Medien, Bildungs- und Gesundheitssystem, Religionen, Frauenrechten, Sprachen, Sport, Kunst, Musik, Literatur, Film, Mode und den kulinarischen Kulturen des Landes.
Wissenschaftliches Fundament & breites Zielpublikum
D²-Mitgründer Dr. Julien Bobineau hat das Buch zusammen mit Dr. Philipp Gieg und Timo Lowinger von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg herausgegeben und einige Artikel darin auch selbst verfasst. Das Buch richte sich an alle Leser:innen, die sich einen Überblick über die DR Kongo verschaffen wollen, sagt Herausgeber Bobineau: „Uns war wichtig, dass alle Beiträge auf einem wissenschaftlichen Fundament aufbauen. Gleichzeitig sollten die Artikel auch für Menschen ohne akademischen Hintergrund gut lesbar sein.“ Darüber hinaus legten die Herausgeber großen Wert auf eine paritätische Auswahl der Autor:innen, insbesondere in Bezug auf das Geschlecht und die Herkunft: „Vor dem Hintergrund der Kolonialgeschichte können wir im Europa des 21. Jahrhunderts kein Buch über die DR Kongo schreiben, ohne nicht auch Kolleg:innen von kongolesischen Universitäten mindestens in gleichem Maße zu beteiligen wie europäische Perspektiven“, sagt Bobineau und fügt hinzu, dass dieses Vorhaben in der Praxis mitunter schwer umzusetzen sei: „Die komplexe finanzielle Lage an kongolesischen Universitäten und die widrigen Bedingungen des akademischen Systems zwingen viele junge Wissenschaftler:innen in der DR Kongo, ihre Karriere aufzugeben oder ins Ausland abzuwandern.“
Hintergrundwissen für differenzierte Afrika-Bilder
Auch wenn die Situation in dem großen Land angesichts des anhaltenden Bürgerkriegs aktuell angespannt ist, will das Handbuch Demokratische Republik Kongo fundiertes Hintergrundwissen liefern, um die gängigen Stereotypen zu widerlegen. Denn die sogenannten ‚5 K‘ (Kriege, Konflikte, Katastrophen, Krankheiten, Kriminalität) dominieren bis heute die mediale Berichterstattung in Europa, wenn es um den afrikanischen Kontinent und insbesondere um die Demokratische Republik Kongo geht. „Die Realität gestaltet sich so, dass es seit 1997 blutige Auseinandersetzungen im Ostkongo mit Millionen zivilen Todesopfern und Vertriebenen gibt. Doch der Bürgerkrieg ist nur eine – wenn auch sehr tragische – Seite der vielfältigen Geschichten über die Demokratische Republik Kongo“, erklärt Bobineau. Häufig fehle es in europäischen Afrika-Narrativen an positiven oder gar neutralen Darstellungen, sei es in den Medien, Wissenschaft oder Kultur, ergänzt der Kulturwissenschaftler: „Wenn Europäer:innen über Afrika sprechen und dabei erzählen, wie furchtbar schlimm und ärmlich das Leben in den Regionen südlich der Sahara ist, dann zeugt das von einer gewissen Ignoranz. Viele Menschen in Europa haben ein wirtschaftliches und politisches Interesse daran, dass Afrika kleingehalten wird.“ Um eindimensionale Bilder und Stereotype zu vermeiden, sei es wichtig, relevantes Wissen über diesen vielfältigen Kontinent mit afrikanischen Perspektiven an ein breites Publikum zu vermitteln.
Neben D² – Denkfabrik Diversität haben das Forum Afrikazentrum mit dem Jungen Afrikazentrum und die Fakultät für Humanwissenschaften (beide Julius-Maximilians-Universität Würzburg) das Projekt finanziell und ideell unterstützt.
Erhältlich ist das Buch auf der Website des Verlags Frank & Timme.