Hilfe, wo fange ich bloß an? – 3 Tipps zum Start ins Diversitätsmanagement
Der Fach- und Arbeitskräftemangel hat die Wirtschaft derzeit fest im Griff und lässt Konjunkturprognosen überall in Deutschland schrumpfen. Die vielschichtigen Anforderungen der Generation Y und Z an ihren Arbeitsplatz und auch die noch immer spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie sind zusätzliche Faktoren, die Unternehmen – neben der steigenden Bürokratie – vor große Herausforderungen stellen. Ein gut durchdachtes Diversitätsmanagement ist dabei eine mögliche Lösung, um diesen vielfältigen Herausforderungen in der Arbeitswelt zu begegnen. Doch wie beginnt man am besten, um eine Managementstrategie zu implementieren, die das große Schlagwort “Diversität” in seinen Facetten umfasst? Die simple Antwort vorweg: Priorisieren hilft. Die Frage, wie diese Priorisierung einfach und unkompliziert in einen ersten Diversity-Ansatz überführt werden kann, steht im Mittelpunkt dieses Blogartikels. Dabei zeigen wir die ersten Schritte zum Start in ein kluges Diversitätsmanagement auf und fokussieren uns auf die Anforderungen, die aus rechtlicher Sicht umgesetzt werden müssen und auf erste Anknüpfungspunkte, mit denen sich Ihr Unternehmen von anderen abheben kann.
1. Schritt: Rechtliche Rahmenbedingungen – Oder: Was gemacht werden muss
Das AGG
Die rechtliche Grundlage für Diversitätsmanagement bildet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Im AGG ist festgeschrieben, dass keine Person aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Alters, ihres Geschlechts, einer Behinderung, ihrer Religion oder Weltanschauung oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert werden darf. Arbeitgeber:innen sind dazu verpflichtet, einen diskriminierungsfreien Bewerbungsprozess zu gewährleisten und Diskriminierung in ihrem Unternehmen nachzugehen. Gegen Mitarbeiter:innen, die diskriminieren, müssen sie vorgehen. Dazu können die Maßnahmen einer Versetzung, Abmahnung oder auch Kündigung ergriffen werden. Arbeitgeber:innen sind auch dazu verpflichtet, ihrer Belegschaft durch die Einrichtung einer Beschwerdestelle die Möglichkeit zu geben, Diskriminierung intern anzuzeigen. Die Bekanntmachung dieser Stelle ist ebenfalls gesetzlich verpflichtend.
Das SGB IX
Das Sozialgesetzbuch IX regelt den Schutz und die Förderung von Menschen mit Behinderung. Ziel des SGB IX ist es, Diskriminierung aufgrund einer Behinderung zu verhindern und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen und Arbeitsleben zu fördern. Für Arbeitgeber:innen sind folgende Aspekte relevant:
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- Pflicht zur Einstellung schwerbehinderter Menschen (§ 154)
Arbeitgeber:innen sind grundsätzlich verpflichtet, schwerbehinderte Menschen einzustellen. Die Anzahl der zu beschäftigten Personen richtet sich dabei nach der Anzahl der Arbeitsplätze. Bei mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen mindestens 5% der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden. Dies gilt für private wie öffentliche Arbeitgeber:innen.
- Pflicht zur Einstellung schwerbehinderter Menschen (§ 154)
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- Ausgleichszahlung bei Verstoß gegen diese Pflicht (§ 160)
Kommen Arbeitgeber:innen dieser Pflicht nicht nach, müssen sie eine Ausgleichszahlung zahlen. Diese ist je nach Anzahl der unbesetzten Pflichtplätze gestaffelt. Die Ausgleichszahlungen fließen in Förderprogramme zur Eingliederung von schwerbehinderten Menschen in das Arbeitsleben.
- Ausgleichszahlung bei Verstoß gegen diese Pflicht (§ 160)
EU-Richtlinien
Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahren verschiedene Richtlinien erlassen, die Diversität und Inklusion in der Arbeitswelt fördern sollen. Dazu zählt bspw. die Richtlinie über die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158). Diese Richtlinie soll die Gleichstellung der Geschlechter fördern, indem sie bessere Vereinbarkeitsmöglichkeiten von Berufs- und Privatleben schafft und Männer und Frauen in ihrer Rolle als pflegende Angehörige unterstützt. Die Antidiskriminierungsrichtlinie (2000/43/EG) setzt hingegen den Rahmen für die Gleichbehandlung von Personen ohne Unterschied des Aussehens oder der ethnischen Herkunft. Sie betrifft unter anderem den Zugang zur Beschäftigung, Berufsbildung, Beförderung und Arbeitsbedingungen, während sich die Richtlinie zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen (2006/54/EG) mit der Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt verschrieben hat.
Die ESG- Richtlinie
Die ESG-Richtlinie (Environmental – Social – Governance) wurde 2022 vom Rat der Europäischen Union beschlossen. Diese Richtlinie verpflichtet kapitalmarktorientierte Großunternehmen zu finanzieller Transparenz und einer regelmäßigen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese Berichterstattung bezieht sich neben wirtschaftlichen Interessen, nun auch auf Umwelt, soziale Belange und die Menschenrechte. Eine Beschwerdestelle z.B. nach dem Hinweisgeberschutzgesetz, kann dazu beitragen, intern aufzudecken und nachzuverfolgen, wo Diskriminierung und Fehlverhalten stattfindet. Auch das Thema “Diversity” hat Einzug in die ESRS-Berichtsstandards gefunden (S1-9). Die regelmäßige Berichterstattung in diesem Bereich trägt dazu bei, dass der Status quo bezüglich Diversitätsdimensionen immer wieder neu erfasst und dokumentiert wird.
Nicht-bindendes Völkerrecht – VN und OECD
Die Leitlinien der Vereinten Nationen (VN) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind für Unternehmen zwar nicht bindend. Allerdings geben bei der Implementierung von Maßnahmen aus dem Diversitätsmanagement hilfreichen Orientierungsrahmen. Denn auch diese Leitlinien empfehlen bspw. die Einrichtung wirksamer Beschwerdemechanismen für die eigene Belegschaft.
2. Schritt: Gute Zusammenarbeit mit verschiedenen Generationen – Oder: Wovon jedes Unternehmen betroffen ist
Neben den rechtlich bindenden Vorgaben, die von jedem Unternehmen in Deutschland eingehalten werden müssen, gibt es weitere hilfreiche Tipps für den Start in ein gut durchdachtes Diversitätsmanagement. Dazu zählt auch das Generationenmanagement. Denn in jedem Unternehmen treffen verschiedene Generationen und somit auch oft unterschiedliche Wertevorstellungen aufeinander, auch in Bezug auf die Einstellung zu Arbeit, Arbeitsweisen und er Unternehmenskultur. Dies kann im Unternehmen zu Konflikten führen und die Effizienz senken. An dieser Stelle setzt der Ansatz des generationsübergreifenden Arbeitens an: Jede Generation bringt ihre Stärken, aber auch Schwächen mit sich. Durch eine generationsübergreifende Arbeitsweise werden diese Stärken gebündelt. Ein respektvolles Miteinander und eine gute Zusammenarbeit verschiedener Generationen sind das Ergebnis.
Die Vorteile von generationsübergreifendem Arbeiten:
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- Austausch von Wissen: Die älteren Generationen geben ihre Berufserfahrung weiter und die jüngeren Generationen teilen ihr Wissen über innovative Arbeitsweisen und neue Technologien.
- Mehr Kreativität und Innovationskraft: Verschiedene Generationen bringen auch unterschiedliche Problemlösungsansätze mit in das Unternehmen. Diese Bandbreite an Perspektiven fördert die Innovation und die Kreativität im Unternehmen.
- Mehr Flexibilität: Ein altersdiverses Team reagiert offener und flexibler auf Marktveränderungen, da eine gewisse Offenheit bereits teamintern für eine gute Zusammenarbeit bestehen muss.
3. Schritt: Wie sich Ihr Unternehmen von anderen abheben kann – Beispiel: Unconscious Bias–Trainings
Um sich als Unternehmen von anderen abzuheben und die Implementierung von Diversitätsmanagement weiter voranzutreiben, braucht es aber noch etwas mehr als die Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen und Ansätze wie das generationsübergreifende Arbeiten. Ein guter Startpunkt, um die Unternehmenskultur diskriminierungsfreier und inklusiver zu gestalten, sind Trainings zu Unconscious Bias, also unbewussten Vorverurteilungen . Wenn die eigene Belegschaft bezüglich Unconscious Bias sensibilisiert wird, kann dies z.B. dabei helfen, Bewerbungs- und Einstellungsprozesse oder das Einkaufsverhalten des Unternehmens zu optimieren. Und mehr noch: Durch eine generelle Sensibilisierung der Belegschaft verändert sich auch die Unternehmenskultur, denn sie wird offener und inklusiver. Unconscious Bias-Trainings können intern durch die Personalentwicklung oder von externen Anbietern durchgeführt werden. Längerfristige und regelmäßige Trainings sind dabei zwar sehr viel nachhaltiger, aber auch kurze Workshops können ein erster Schritt sein.
Fazit
Schon mit kleinen Schritten und geringem Aufwand lässt sich die Implementierung von Diversitätsmanagement einleiten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch das AGG, das SGB IX und EU-Richtlinien gebildet werden, sind eine gute Grundlage für den mittel- und langfristigen Aufbau von diversitätssensiblen Strukturen. Anfangen kann man dort, wo man tatsächlich betroffen ist: In jedem Unternehmen arbeiten verschiedene Generationen miteinander. Diese Altersdiversität kann eine große Stärke sein, wenn sie richtig genutzt wird. Arbeitgeber:innen sollten ein respektvolles Miteinander im Unternehmen fördern und somit eine Basis schaffen, damit verschiedene Generationen voneinander lernen können. Abheben können sich Unternehmen in ihrer Implementierung von Diversitätsmanagement von ihrer Konkurrenz, durch Unconscious Bias Trainings. Durch die Sensibilisierung der Belegschaft wird die Unternehmenskultur langfristig inklusiver. Generell gilt: Die Implementierung von Diversitätsmanagement ist ein kontinuierlicher Prozess, der auch immer wieder neu an die Herausforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden muss.
Sie haben Fragen zu den ersten Schritten im Diversitätsmanagement? Die Expert:innen von D² – Denkfabrik Diversität unterstützen Sie gerne bei Ihrem Prozess und der nachhaltigen Implementierung von Diversitätsmanagement.