Offene Stellen und kein Personal – Warum bewirbt sich niemand?
Der Fachkräftemangel zählt zu den größten Herausforderung unserer Zeit. Nahezu alle Branchen in Deutschland sind davon betroffen. Die Folgen von unbesetzten Stellen können sich schnell negativ auf die Leistung von Unternehmen auswirken: Vorhandenes Personal ist in der Folge überlastet und frustriert, höhere Kosten entstehen und auch die Wettbewerbsfähigkeit sinkt, weil Produkte und Dienstleistungen nicht mehr fristgerecht geliefert werden können. Die strukturellen Ursachen hierfür liegen vor allem im demographischen Wandel, da die Menschen in unserer Gesellschaft durch Geburtenrückgang und eine höhere Lebenserwartung im Durschnitt immer älter werden. Dieses abstrakte Problem lässt sich nachhaltig nur auf politischer Ebene lösen. Dennoch gibt es einige konkrete Lösungsansätze für Unternehmen, um sich kurz- und mittelfristig gegen den Fachkräftemangel zu wappnen und offene Stellen effektiv zu besetzen. Dieser Blog-Beitrag will einige dieser Lösungen erläutern und bietet drei praxisnahe Tipps.
Was Unternehmen für die Gewinnung von Personal tun können
Neben strategischen Überlegungen in den Bereichen Markenbildung und Employer Branding ist es bei der Personalgewinnung wichtig, sich die Außenwirkung des Unternehmens auf Bewerber:innen genauer anzuschauen. Hier rückt vor allem die Stellenanzeige in den Fokus. Recruiter:innen sollten sich dabei drei Fragen stellen.
- Verständnis und Bewusstsein für die Zielgruppe: Wer wird angesprochen?
Unsere Gesellschaft ist divers, die Arbeitswelt (eigentlich) auch. Wie sieht das im eigenen Unternehmen aus? Die deutsche Gesellschaft besteht zu je rund 50% aus Frauen und Männern, mehr als ein Viertel der Bevölkerung weist einen Migrationshintergrund auf und 7,8 Mio. Menschen in Deutschland haben einen Grad der Behinderung. Wer bewirbt sich auf Stellenausschreibungen in Ihrem Unternehmen? Sind die Kandidat:innen divers oder entsprechen sie ähnlichen Dimensionen beispielsweise in Bezug auf Geschlecht, sozialer und kultureller Herkunft oder Alter? Die Frage, die sich im Business Case stellt, lautet bei Gleichartigkeit der Bewerber:innen: Limitiert sich ein Unternehmen in bestimmten Branchen – ob nun beabsichtigt oder nicht – eigentlich selbst, wenn sich die gesellschaftliche Zusammensetzung nicht annähernd im Unternehmen widerspiegelt?
Tipp: Machen Sie einen Faktencheck in Ihrem Unternehmen. Wie divers ist ihre Belegschaft?
- Personalgewinnung weiterdenken: Wen möchte ich künftig ansprechen?
Spätestens seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) 2006 werden stetig neue gesetzliche Vorgaben zum Schutz und zur Berücksichtigung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen verankert. Dies hat auch Auswirkungen auf Stellenanzeigen: Bereits seit dem 1. Januar 2019 ist die geschlechtsneutrale Formulierung verpflichtend, andernfalls liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor. Um die Attraktivität der ausgeschriebenen Stelle für Interessierte zu steigern, wird die Erfüllung der rechtlichen Grundlage – z.B. durch das Hinzufügen von „m/w/d“ – künftig nicht mehr ausreichen. Die Stellenausschreibung ist zentral für das Employer branding, denn sie ist meist der erste direkte Berührungspunkt mit dem Unternehmen. Bewerber:innen können durch die Ausschreibung erahnen, welche Werte und Kultur in einem Betrieb zu erwarten sind. Wer also an den besten Mitarbeiter:innen unabhängig von Herkunft, Geschlecht und weiteren Diversitätsdimensionen interessiert ist, muss diese in Ausschreibungen gezielt ansprechen und anwerben.
Tipp: Werfen Sie einen kritischen Blick auf Ihre Stellenausschreibungen und korrigieren sie relevante Stellen. Checken Sie Bewerbungen auf vergangene Ausschreibungen. Wer interessiert sich für Ihre Jobangebote?
- Mit Kreativität am Puls der Zeit: Wie erreiche ich diese Personen?
Um möglichst viele Personen(-gruppen) zu erreichen, sollte die Ausschreibung inklusiv formuliert sein. Inklusive Stellenausschreibungen sollten folgende Aspekte berücksichtigen:
- Inklusiver Sprachgebrauch: Nutzen Sie eine möglichst geschlechtsneutrale Ansprache. Aus „Teamleiter“ wird beispielsweise „Teamleitung“.
- Vielfältige Qualifikationen und Anforderungen: Überdenken Sie beschriebene Qualifikationen. Sind die Angaben tatsächlich zwingend notwendig oder werden Adjektive aufgezählt, weil diese dort „schon immer“ genannt werden? Ist die Stelle tatsächlich ausschließlich in Vollzeit zu leisten und besteht die Möglichkeit auf Flexibilität durch Homeoffice? Verschiedene Beschreibungen sprechen unterschiedliche Menschen (introvertiert/extrovertiert, jung/alt, Frau/Mann etc.) an. Achten Sie auf eine ausgewogene Ansprache.
- Unternehmenskultur: Beschreiben Sie, wie das Unternehmen aktiv daran arbeitet, eine inklusivere Unternehmenskultur zu schaffen.
- Authentizität: Schreiben Sie ausschließlich, was Sie auch wirklich so meinen. Das Marketing für Vielfalt und damit die Anwerbung von diversem Personal gelingt nur dann, wenn die Unternehmenskultur im Alltag entsprechend angestrebt und gelebt wird.
Tipp: Achten Sie auf eine möglichst individuelle und inklusive Ansprache, um das Interesse für Ihr Unternehmen in einem breiten Bewerberfeld zu wecken. Wer soll sich für Ihre Jobangebote interessieren?
Fazit
Der Fachkräftemangel stellt die Wirtschaft in Deutschland vor große Herausforderungen und wird uns auch noch in den kommenden Jahren beschäftigen. Mit einigen einfachen Lösungsansätzen können Unternehmen dem Fachkräftemangel entgegenwirken und freie Stellen effizienter besetzen. Im Fokus steht vor allem die Stellenanzeige, die meist den ersten Berührungspunkt zu einem Unternehmen darstellt und deshalb im Hinblick auf diverse Bewerbergruppen gestaltet sein sollte. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen haben oft gar kein oder nur wenig Budget für Recruiting-Marketing zur Verfügung, um ihre Stellenanzeigen bspw. in unterschiedlichsten Jobportalen zu pushen. Umso wichtiger ist ein individuelles Jobinserat mit inklusiver Ansprache, damit ein möglichst großes Bewerberfeld angesprochen wird.
Sie haben Fragen zur inklusiven Gestaltung von Stellenanzeigen oder möchten einen DiversitätsCheck in Ihrem Unternehmen durchführen? Unsere Expert:innen von D² – Denkfabrik Diversität beraten Sie gerne persönlich.