26. Oktober 2023

Unconscious Bias – Die Gefahr für Unternehmen

Zwei Hände halten vier Holzwürfel, darunter befindet sich ein blauer Würfel mit dem Aufdruck "BIAS". Auf den drei anderen, naturbelassenen Holzwürfel sind weiße Icons abgebildet.
Das menschliche Gehirn steckt voller (Vor-)Urteile. Und das ist in vielerlei Hinsicht auch gut so. Tag für Tag kategorisiert unser Gehirn große Mengen an Informationen, wenn wir Entscheidungen treffen müssen, beispielsweise ja/nein, grüne Ampel/rote Ampel, gefährlich/ungefährlich oder heiße Herdplatte/kalte Herdplatte. Dadurch werden wir vor Gefahren gewarnt. Ohne große Überlegung entscheidet das Gehirn, spart dadurch Energie und arbeitet extrem effizient. Durch diese Effizienz können aber auch Dinge übersehen werden, nämlich an den Stellen, an denen eigentlich keine schnellen Entscheidungen benötigt werden. Ein Beispiel sind Personalentscheidungen in Unternehmen, die meist länger geplant werden und den Verantwortlichen genügend Zeit für durchdachte Handlungen einräumen. Und trotzdem kann es schnell passieren, dass Unconscious Bias auch bei solchen strategischen Entscheidungen ausschlaggebend sind – oft zum Nachteil für das betroffene Unternehmen und das betroffene Personal. In diesem Blogbeitrag wollen wir erläutern, was Unsconscious Bias charakterisiert, was sie in der Arbeitswelt so gefährlich macht und welche Möglichkeiten es gibt, sie effektiv abzubauen.

Inhalt

Was sind Unconscious Biases?

So sinnvoll schnelle Entscheidungen im Alltag sein können, so gefährlich sind sie im beruflichen Kontext. Denn das Gehirn kategorisiert nicht nur Situationen, sondern auch Menschen. Diese Vorgänge werden in der Forschung Unconscious Bias genannt, also unbewusste Vorurteile, Verzerrungen und Voreingenommenheiten, durch die Menschen kategorisiert und bewertet werden. Aus diesem Grund verhalten sich Menschen verschiedenen Menschengruppen gegenüber unterschiedlich (sogenanntes: doing-differenz). Unconscious Bias können gesellschaftlich geprägt sein, wie zum Beispiel die Vorurteile, dass Frauen zu sensibel sind für Führungspositionen, Männer emotionslos und nicht emphatisch, Blondinen dumm oder Asylbewerber:innen nur wegen der Sozialleistungen nach Deutschland kommen. Andere Biases entstehen aber auch aus ganz konkreten persönlichen Erfahrungen.

Besonders häufige Unconscious Bias 

In der Forschung sind mittlerweile ca. 175 verschiedene Arten von Unconscious Bias bekannt. Einige von ihnen kommen in beruflichen Kontexten, wie Bewerbungsgesprächen, Vertriebsmeetings oder Gehaltsverhandlungen besonders häufig zum Tragen: 

  1. Confirmation bias: Dabei handelt es sich um Suche nach der Bestätigung der eigenen feststehenden Meinung. Bei Gesprächspartner:innen werden genau die Eigenschaften gesucht, die ihm oder ihr auf der Basis von Vorurteilen zugesprochen werden. Es findet keine objektive Bewertung der Person oder ihrer Qualitäten statt.
  2. Affinity bias: Führungskräfte mit Personalverantwortung stellen gerne Menschen ein, die ihnen ähnlich sind.
  3. Beauty bias: Attraktivität und äußere Erscheinung können mit positiven oder negativen Eigenschaften verbunden werden. Diese Eigenschaften müssen aber nicht der Realität entsprechen.
  4. Halo-Effekt: Menschen werden auf ein bestimmtes Merkmal reduziert. Hierunter fallen häufig Menschen mit Behinderung. Ihre Qualifikationen werden in der Konsequenz weniger gewichtet, da bei der Beurteilung der Fokus der Führungskräfte mit Personalverantwortung auf der Behinderung liegt.

Wie wirken sich Unconscious Bias auf die Arbeitswelt aus?

Erstaunlich ist: Auch wenn Führungskräfte bei Einstellungsgesprächen meist viel Zeit für ihre Entscheidung haben, werden über 80 % der finalen Entscheidungen aufgrund von Unconscious Bias getroffen. Dies führt dazu, dass bestimmte Personengruppen aufgrund von Vorurteilen übersehen werden, Potentiale ungenutzt bleiben und nicht die bestqualifizierte Person eingestellt oder befördert wird. Veranschaulichen lässt sich dies sehr gut mit den oben beschriebenen affinity bias. Führungskräften mit Personalverantwortung kommen Menschen vertraut vor, die ihnen ähneln. Dies hat den klaren Nachteil, dass eben nicht die geeignetste Person eingestellt wird, sondern die vertrauteste. Unter Umständen kann dies zum sogenannten Thomas-Kreislauf führen, auch Mini-Me-Effekt genannt.

Was das bedeutet, wird bei einem Blick auf die Zusammensetzung von börsennotierten Unternehmen in Deutschland deutlich: Im Jahr 2023 waren 78,8 % der Vorstandsmitglieder in DAX40-Unternehmen männlich, (1) während im Jahr 2017 rund 76 % der Vorstände die deutsche Staatsbürgerschaft besaßen und 69 % ihre Ausbildung in Westdeutschland absolviert hatten. (2) Die Bevorzugung einer bestimmten Menschengruppe wird auf der Basis unbewusster Vorurteile führt gleichzeitig zu einer mangelnden Vielfalt in Unternehmen, mit all ihren Nachteilen. Denn es ist wissenschaftlich bestätigt, dass diverse Teams effizienter und erfolgreicher Zusammenarbeiten. (3)

Fazit Unconscious Bias verzerren die Wahrnehmung dahingehend, dass Menschen gewisse Eigenschaften zu- oder abgeschrieben werden. Hierdurch werden bestimmte Menschengruppen unbewusst bevorzugt oder benachteiligt. Für Unternehmen kann dies zur Folge haben, dass sie bei der Personalauswahl oder der Personalqualifizierung Fehler begehen, da der Fokus auf einer falschen, voreingenommenen Beurteilung des Gegenübers liegt. Das führt langfristig zu weniger geeignetem Personal, einer geringeren Vielfalt in der Belegschaft, weniger Effizienz, ungenutzten unternehmerischen Potentialen und einem Wettbewerbsnachteil. Um Unconscious Bias in unternehmerischen Prozessen zu minimieren, ist es wichtig, sich der unbewussten Vorurteile bewusst zu werden. Ein gezielter Ansatz bietet unser Workshop zu Unconscious Bias, der dabei unterstützt, Vorurteile abzubauen und strategische Entscheidungen, insbesondere im Bereich Personal, reflektierter zu treffen.

Sie haben Fragen zu Unsconscious Bias oder zu unseren Trainingsangeboten? Die Expert:innen von D² – Denkfabrik Diversität beraten Sie gerne.

Quellenangaben: 1) Statista 2023: Anzahl der Frauen und Männer in den Vorständen der 40 DAX-Unternehmen von 2014-2023. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/409000/umfrage/frauen-und-maenner-in-dax-vorstaenden/, zuletzt geprüft am 26.10.2023.

(2) AllBright Stiftung 2017: Ein ewiger Thomas-Kreislauf? Wie deutsche Börsenunternehmen ihre Vorstände rekrutieren. https://www.allbright-stiftung.de/aktuelles/2019/6/17/der-neue-allbright-bericht-ein-ewiger-thomas-kreislauf-, zuletzt geprüft am 26.10.2023.

(3) McKinsey und Company 2020: Diversity wins: How inclusion matters. https://www.mckinsey.com/~/media/mckinsey/featured%20insights/diversity%20and%20inclusion/diversity%20wins%20how­%20inclusion%20matters/diversity-wins-how-inclusion-matters-vf.pdf, zuletzt geprüft am 26.10.2023.

Tim Forster

Tim Forster

Werkstudent

Tim Forster ist Werkstudent bei D² und studiert Diversitätsmanagement im Master an der Universität Würzburg. Während seines Bachelor-Studiums im Würzburger Studiengang Mensch-Computer-Systeme hat Tim seine Expertise in den Bereichen Arbeitsgesundheit, inklusive Technologien, Softwareergonomie und Anwendungsunterstützung entwickelt. Durch seine Arbeitserfahrung in der Pflege ist Tim außerdem Experte für die Lebenssituation von Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen.

Wie möchtest Du Deine Perspektiven und Erfahrungen bei D² einbringen?

"Ich unterstütze das D²-Team bei der Entwicklung von digitalen Produkten und Lösungen, die inklusiv und diversitätssensibel gestaltet sind. Für mich bedeutet Diversität nämlich vor allem eines: kreative und vielfältige Denkansätze durch eine Teilhabe aller zu fördern."

Mathilde Berhault

Antonia Geßlein

Werkstudentin

Antonia Geßlein hat im Bachelor Integrative Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg studiert und nebenbei im Gesundheitsamt Coburg gearbeitet. Zum Ende ihres Studiums wurde das Thema Gleichberechtigung und Gender immer relevanter für sie. Deshalb hat sie ihre Bachelorarbeit zum Thema der Gendersensiblen Suchtprävention geschrieben. Seit Oktober 2023 studiert sie im Master Diversitätsmanagement an der Universität Würzburg.

Gehören Diversity und Gesundheit zusammen?

"Definitiv, denn die Gesundheitsförderung und das Diversitätsmanagement überschneiden und ergänzen sich in einigen Punkten, weshalb ich die Kombination aus beidem für sehr sinnvoll halte. Ich freue mich darauf, wenn in Unternehmen mit einem holistischen Blick auf die Verbindung von Gesundheit und Vielfalt geschaut wird."

Mathilde Berhault

Mathilde Berhault

Senior Beraterin

Mathilde Berhault ist Senior Beraterin bei D² – Denkfabrik Diversität. Berufliche Erfahrungen hat sie u.a. als Geschäftsführerin des Vereins interculture e.V. und als wissenschaftliche Mitarbeiterin in internationalen Drittmittelprojekten an der Universität Jena gesammelt. Mathilde bringt Expertise in Interkultureller Kommunikation, Digitalisierung und agilem Projektmanagement mit. Ihre Schwerpunkte bei D² liegen in der Produktentwicklung und dem Vertrieb der D²-Dienstleistungen.

Welche Chancen siehst du durch Vielfalt im Beruf?

"Vielfalt am Arbeitsplatz ermöglicht es Unternehmen und Organisationen, von einem breiten Spektrum an Perspektiven, Erfahrungen und Ideen zu profitieren. Besonders spannend finde ich dabei die Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen und sich unterschiedlicher Denkweisen und Methoden zu bedienen."

Nina Vössing

Nina Vössing

Trainee Beratung

Nina Vössing ist Trainee im Bereich Beratung. Nach ihrem erfolgreichem Masterstudium im Diversitätsmanagement in Würzburg und ihrem Bachelorstudium in Sozial- und Umweltwissenschaften in Maastricht (Niederlande), Freiburg und Santa Barbara (USA) erkundete sie die soziale und nachhaltige Start-up Szene Berlins. Ursprünglich motiviert, mit sozialem Unternehmertum eine nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft mitzugestalten, liegt ihr Schwerpunkt heute bei der internen sozial-nachhaltigen Gestaltung von Unternehmen und Organisationen.

Was führt dich her? 

"Ökonomische Nachhaltigkeit kann nicht ohne Diversität gedacht werden. Während meines Studiums habe ich mich für einen nachhaltigen Wirtschaftswandel eingesetzt. In der Praxis ist mir dann eines bewusst geworden: Wenn etwas nicht der inneren Haltung entspricht, dann kann dies auch nicht glaubhaft nach außen transportiert werden. Diversitätssensibles Personalmanagement fördert Resilienz, Menschlichkeit, Respekt und Achtsamkeit – Werte, ohne die es in Gesellschaft und Wirtschaft keine Nachhaltigkeit geben kann."

Hannah Baumann

Hannah Baumann

Kreative Konzeption & Design

Hannah Baumann ist für die kreativen Ideen und deren gestalterische Umsetzung bei D² – Denkfabrik Diversität zuständig. Egal ob print oder digital – Ziel ist es, die Arbeiten und Inhalte der Denkfabrik attraktiv und für jede:n verständlich darzustellen.

Nach ihrem Bachelorabschluss in Mediendesign an der Hochschule Hof tauchte sie für drei Jahre in die Welt des Agenturalltages ein, bevor sie sich der Denkfabrik 2023 anschloss.

Diversität und Design?

"Ein für mich sehr spannendes Thema, bei dem es keine Grenzen gibt. Warum also nicht für alle Menschen auch alle Informationen zugänglich machen, wenn jede:r von barrierefreiem Design profitiert? Diversität scheint für viele selbstverständlich: Doch beim genaueren Hinschauen fällt auf, wie viel wir noch dafür tun können. Die gestalterische Herausforderung, die sich daraus für mich ergibt, ist eine aufregende Reise!"

Dr. Julien Bobineau

Dr. Julien Bobineau

Geschäftsleitung

Dr. Julien Bobineau ist Senior Berater und Mitgründer von D² – Denkfabrik Diversität. Seine Expertise umfasst das Thema Antirassismus, Ansätze in der Erwachsenenbildung und die Entwicklung von Kommunikationsstrategien. Nach einem kulturwissenschaftlichen Studium und einer Promotion an der Universität Würzburg hat er u.a. an den Universitäten Jena, Passau, Fulda, Edmonton (Kanada), Dakar (Senegal) und Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) gelehrt und geforscht. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten zählen die Postcolonial Theory & Critical Race Studies, die Interkulturelle Kommunikation und das Diversitätsmanagement bei Polizei und Sicherheitsbehörden.

Was bedeutet Diversität für dich?

"Diversität basiert auf gegenseitigem Verständnis, das erst im respektvollen Austausch entstehen kann. Als weißer Cis-Mann mit Migrationsgeschichte bedeutet das für mich vor allem eines: anderen Menschen zuzuhören. Mir ist es enorm wichtig, verschiedene Perspektiven einzunehmen und meine eigenen Privilegien mit viel Selbstreflexion zu hinterfragen."

Catharina Crasser

Catharina Crasser

Geschäftsleitung

Catharina Crasser ist Senior Beraterin und Mitgründerin von D² – Denkfabrik Diversität. Ihre Expertise umfasst die aktuelle Diversitätsforschung mit Schwerpunkt Gender sowie die Ausarbeitung von Diversitätskonzepten im Kontext von Intersektionalität. Nach ihrem Bachelorabschluss in Political and Social Studies studierte sie im Masterstudiengang ‚Diversitätsmanagement, Religion und Bildung‘ an der Universität Würzburg. Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der Denkfabrik ist sie als externe Dozentin für unterschiedliche Seminare in diesem Masterstudiengang tätig.

Was macht deine Arbeit (besonders) interessant?

"Es macht mir Spaß, das Thema auf so viele verschiedene Arten an unterschiedliche Leute heranzutragen. Das Spannende ist, mit Ideen und Methoden an manchen Stellen auf Anklang zu stoßen und an anderen mit einer ähnlichen Idee kläglich zu scheitern. Es geht vor allem darum, die Perspektive meines Gegenübers mit seinen Bedarfen zu verstehen und kreativ passende Konzepte zu entwickeln."

Andreas Möller

Andreas Möller

Initiator

Andreas Möller ist Unternehmer, Initiator und Mitgründer von D² – Denkfabrik Diversität. Seine Fachkompetenz umfasst die Themenfelder Entrepreneurship, Unternehmungsführung und inklusives Personalmanagement. Nach über zehn Jahren in der Selbständigkeit führt er heute eines der schnell wachsenden mittelständischen Unternehmen Europas mit Überzeugung, Empathie und Souveränität. Als Coach und Berater gibt Andreas seine Erfahrungen mit viel Enthusiasmus an Kunden aus den verschiedensten Bereichen weiter.

Warum hast Du D² – Denkfabrik Diversität gegründet?

"Durch meine langjährige Erfahrung als Unternehmer und Arbeitgeber kenne ich die vielfältigen Herausforderungen unserer Wirtschaftswelt. Ich bin davon überzeugt, dass man mit inklusiven Strategien und einem ganzheitlichen Diversitätsmanagement große Erfolge erzielen kann. Und diese Überzeugung möchte ich mit anderen Unternehmer:innen teilen."