Unconscious Bias: Warum religiöse Zeichen Personalentscheider:innen beeinflussen können

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→ “Der Bewerber wirkt eher faul.”
Wenn Aussagen wie diese ohne einen triftigen Grund getroffen werden, dann könnte ein sogenannter Unconscious Bias – auch unbewusste Vorverurteilung genannt – dahinterstecken. Jeder Mensch ist durch diejenige Gesellschaft geprägt, in der er oder sie aufwächst. Diskriminierende Strukturen, die in der Gesellschaft wirken und jeden Menschen sozialisieren, kommen oft, wenn auch unbewusst, im menschlichen Handeln und Denken zum Vorschein. Um negative Effekten auf die Arbeitswelt zu verhindern, sollte man unbewusste Vorverurteilungen und deren Wirkung regelmäßig hinterfragen. Doch was bedeutet das für Unternehmen? Eine große Herausforderung für Unternehmen ist der Arbeits- und Fachkräftemangel. Bei einer unbewussten Vorverurteilung in Bewerbungsgesprächen besteht die Gefahr, dass nicht unbedingt die Person eingestellt wird, die am besten zum Unternehmen passt – sondern eventuell die Person, die den Personaler:innen am sympathischsten war oder das schönste Bewerbungsfoto hatte. An diesen beiden Beispiel wird schnell deutlich: Besonders die Merkmale des äußeren Erscheinungsbilds können einen Unconscious Bias auslösen. Hierzu zählen bspw. das Gewicht der Person, die Größe oder ihr Kleidungsstil. Doch können auch religiöse Zeichen zu einer unbewussten Vorverurteilung führen?
Inhalt
Was sind religiöse Zeichen überhaupt?
Zu religiösen Zeichen zählen alle Symbole, die eine bestimmte Glaubensüberzeugung ausdrücken, wie z.B. das christliche Kreuz, die jüdische Kippa oder das muslimische Kopftuch. Religiöse Symbole sind immer auch Zeichen mit Außenwirkung, auch wenn sie primär eine innere Haltung ausdrücken. Bei außenstehenden Personen können religiöse Symbole wie das Kreuz, die Kippa oder das Kopftuch deshalb einen Unconscious Bias auslösen. Oft entsteht daraus eine Wertung, weil bestimmte Vorstellungen, Erfahrungen und Persönlichkeiten mit der jeweiligen Religion verbunden werden. Im schlimmsten Fall folgt aus diesen Vorstellungswelten eine Andersbehandlung, die zwar gesetzlich durch das Grundgesetz (GG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten sind, aber dennoch menschliche Entscheidungen beeinflussen – meist unbewusst und ohne “böse” Absicht der Entscheider:innen.
Religiöse Zeichen – same same, but different?
Unbewusste Vorverurteilungen werden bei jeder Person grundsätzlich durch individuelle Erfahrungen geprägt. Doch auch kulturelle und soziale Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Bewertung von religiösen Zeichen. Ob jemand eine Kreuzkette im Bewerbungsgespräch trägt, hat in Deutschland wahrscheinlich weniger Einfluss auf die Wahrnehmung von Bewerber:innen, da das Christentum in Deutschland bereits vor Jahrhunderten etabliert wurde. Auch wenn vermehrt Kirchenaustritte zu vermelden sind, bekennen sich knapp 47% alle in Deutschland lebenden Menschen konfessionell zum Christentum. Aber was ist bspw. mit Personen, die ein Kopftuch tragen? Studien belegen, dass die Gefahr eines Unconscious Bias bei nicht-christlichen Symbolen wie dem Kopftuch deutlich höher ist, mit Auswirkungen auf die jeweiligen Symbolträger:innen.
So hat die weit verbreitete Studie der Ökonomin Doris Weichselbaumer auf der Basis von 1.500 fiktiven Bewerbungen ergeben, dass sich muslimische Frauen mit Kopftuch im Bewerbungsbild und “türkischem” Namen für eine Einladung zum Bewerbungsgespräch bis zu viermal häufiger bewerben müssen als Frauen ohne Kopftuch und mit “deutsch” klingendem Namen – bei absolut identischer Qualifikation. (1) Eine Befragung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung ergab, dass sich 48% der befragten Kopftuchträgerinnen auf manche Stellen nicht bewerben, weil sie sich schlechte Chancen ausrechnen. 60% der Befragten gaben an, dass sie in ihre berufliche Entscheidung miteinbeziehen, ob sie in Ausbildung, Beruf oder Studium ihr Kopftuch tragen dürfen. (2) Problematisch ist: Gerade in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels können Unconscious Bias per Personalentscheidungen ein großer Wettbewerbsnachteil sein.
Was können Unternehmen aktiv gegen Unconscious Bias tun?
Um sich gegen unbewusste Vorverurteilungen zu wappnen und den positiven Umgang mit Unconscious Bias als Wettbewerbsvorteil zu nutzen, können Unternehmen verschiedene Maßnahmen ergreifen:
- Unconscious Bias-Trainings: Die Durchführung von Trainings zum Themenfeld Unconscious Bias für alle Mitarbeiter:innen, insbesondere für Führungskräfte und Personaler:innen, ist ein Schlüssel für die Hinterfragung von Vorverurteilungen. Ziel solcher Trainings muss dabei sein, das Bewusstsein für Unconscious Bias und die negativen Auswirkungen zu schärfen. Gleichzeitig sollten praktische Methoden zur Verringerung von Vorurteilen vermittelt werden. Unser Unconscious Bias Workshop bietet genau dafür fundiertes Wissen, interaktive Übungen und konkrete Tools für den Alltag – praxisnah, wirksam und nachhaltig.
- Diverses Recruiting: Unternehmen sollten ihre Personalauswahlprozesse so gestalten, dass sie Vielfalt fördern und Vorurteile minimieren. Verschiedene Ansätze wie strukturierte Interviews, der Einsatz von divers besetzten Auswahlkommissionen und anonymisierte Bewerbungsverfahren können dabei helfen. In unserem Diversity Recruiting Workshop zeigen wir praxisnah, wie vielfältige Auswahlprozesse gelingen – mit fundiertem Know-how, konkreten Tools und Raum für Reflexion.
- Inklusive Unternehmenskultur: Auch die Förderung einer Unternehmenskultur, die Vielfalt wertschätzt, ist entscheidend für die Verringerung von Unconscious Bias. Dazu zählt z.B. die aktive Unterstützung religiöser Vielfalt durch die eigenen Unternehmenswerte oder die Berücksichtigung von Gebetszeiten und religiösen Feiertagen.
- Mentoring-Programme: Die Einrichtung von Mentoring-Programmen für Angehörige religiöser Minderheiten in der eigenen Belegschaft kann dazu beitragen, dass diese Mitarbeiter:innen selbstsicherer werden und gleiche Karrierechancen erhalten.
- Offener Austausch am Arbeitsplatz: Der offene Austausch über Religion, Unconscious Bias und die damit verbundenen Auswirkungen am Arbeitsplatz kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Hierfür sollten vor allem informelle Formate gewählt werden.
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